30. Oktober 2022

Sprache als Schlüssel zum Problem und zur Lösung

So nutzt du die Macht der Sprache, um die Beziehung zu deinem Pferd zu verbessern.

Wenn du mit deinem Pferd oder über dein Pferd sprichst, dann schwingt in deinen Worten mehr mit als nur der bloße Inhalt. Deine Worte transportieren deine innere Haltung. Deshalb lohnt es sich zu reflektieren, welche Worte man verwendet.

Oft schwingen in den Beschreibungen unserer Pferde unterschwellige Bewertungen mit. Meiner Erfahrung nach sind diese Bewertungen meistens nicht abwertend gemeint, bei genauerem hinsehen aber negativ konnotiert. Diese negative Konnotation hat unbewusst Einfluss darauf, wie du dein Pferd siehst. Sie wirkt wie ein Vorurteil, dass es dir erschwert, das Verhalten deines Pferdes als das zu sehen, was es ist. Ein Ausdruck von Bedürfnissen.

Sprache schafft Realität, auch wenn das Gegenüber die Sprache gar nicht spricht.

Denn Sprache ist mehr als die gesprochenen Silben. Sprache ist Energie, Klang, innere Haltung. Und genau dafür sind Pferde Experten. Wie du dein Pferd nennst oder rufst, prägt das bewusste und unbewusste Bild, was du von deinem Pferd hast. Dieses Bild beeinflusst wiederum, wie du denkst, handelst und mit deinem Pferd interagierst. Im Coaching arbeite ich gerne mit inneren Bildern, weil sie absolut genial sind, um Gewohnheiten zu verändern. Das kann einem bei unbewussten inneren Bildern aber auch ziemlich auf die Füße fallen. Insbesondere dann, wenn das eigentlich unerwünschte Bild immer wieder durch Sprache manifestiert wird.

Die Macht von Kosenamen

Jede Grenzüberschreitung ist eine Form von Gewalt. Auch ein Kosename und die damit transportierte Haltung und Energie kann eine meistens natürlich komplett unbeabsichtigte Grenzüberschreitung sein. Jedes Verhalten deines Pferdes ist ein Ausdruck von Bedürfnissen oder ein Ergebnis äußerer Einflüsse. Es mit einem “Label” abzutun, ohne sich auch die Hintergründe anzuschauen, wird dem Pferd nicht gerecht.

Oft zeigen sich destruktive Dynamiken in den unscheinbarsten Bereichen der Sprache. Deshalb lohnt es sich, die eigene Wortwahl immer mal wider zu hinterfragen.

Als Test, ob ein Kosename grenzüberschreitend ist, haben sich folgende zwei Fragen bewährt:

  • Wenn dein Pferd ein Teenager wäre, wie würde es über seinen oder ihren Kosenamen denken?
  • Wie würde sich dieser Teenager fühlen, wenn er vor anderen Leuten so genannt wird?

Beispiel Junghengst

Als mein Hengst Rio mit 11 Monaten zu mir kam, war er mein Kleiner. Ich habe aber ziemlich schnell gemerkt, dass ich ihn damit klein mache und klein halte. Eigentlich war er nämlich schon damals ein Großer. Mutig, freundlich und absolut gechillt in allen Lebenslagen. Mein Jungpferd Großer zu nennen erinnert mich daran, dass ich ihn nicht bemuttern muss und lässt mich in ihm ein gelassenes und selbstbewusstes Pferd sehen. Die Gefahr des Namens liegt allerdings darin, dass ich ihn in jungen Jahren überfordere und zu viel von ihm verlange. Das ist die Tücke von ambitionierten Kosenamen.

Henne oder Ei

Wenn es um Beziehung und Problemlösung geht, ist die Frage, wer angefangen hat, selten konstruktiv. Das gilt auch für die Frage, was zuerst da war, das Verhalten bzw. die Eigenschaft oder der Kosename. Fest steht: Es macht bei Problemen wenig Sinn, den Status quo weiter zu festigen.

Das alles heißt natürlich nicht, dass jeder Kosename direkt eine Grenzüberschreitung oder Ursache eines Problems ist. Aber wenn dir dein Bauchgefühl sagt, dass der Kosename deines Pferdes eventuell doch ein bisschen suboptimal sein könnte, dann probier doch einfach mal was Neues, vielleicht auch erst mal zwei Wochen auf Probe.

Und weil die Macht der Sprache nicht bei Kosenamen endet, möchte ich noch auf einen weiteren, scheinbar unverfänglichen Bereich der Sprache eingehen, der oft übersehen wird: das Lob.

Warum Lob dein größter Feind ist, wenn du dir mit deinem Pferd eine Beziehung auf Augenhöhe wünschst.

Hä? Ja, genau! Ich sage wirklich, dass du klassisches Lob aus dem Alltag mit deinem Pferd verbannen darfst. Aber was meine ich damit?

Lob ist der Ausdruck einer positiven Bewertung eines Verhaltens. Soweit so gut.

Der Knackpunkt liegt darin, wer über positiv und negativ zu entscheiden hat. Durch das Loben nimmst du automatisch die Rolle der bewertenden Instanz ein. Du stellst dich als bewertende Person über die bewertete Person bzw. das Pferd. Das hat mit Augenhöhe dann nicht mehr so viel zu tun. Unerwünschtes Verhalten bei Pferden ist oft in der Beziehung zur Bezugsperson begründet. Pferde sind von Natur aus stolz und möchten nicht herabgewürdigt werden. Ihr Unmut darüber kann sich z. B. in aggressivem Verhalten oder absoluter Lustlosigkeit äußern.

Vielleicht denkst du jetzt:

“Aber ich will meinem Pferd doch was beibringen, wie soll das ohne Lob gehen?”

So gut wie alle Dinge, die wir Pferden “beibringen” können Pferde von Natur aus. Kein Mensch muss einem Pferd beibringen, wie man z. B. rückwärts läuft. Was beim “Beibringen” eigentlich passiert ist, dass dein Pferd und du eine gemeinsame Sprache entwickeln.

Kommunikation ist eine Gemeinschaftsleistung. An einer funktionierenden Kommunikation hat dein Pferd genauso viel Anteil wie du und ist darüber hinaus gleichberechtigt in der Bewertung, ob die Kommunikation gut oder schlecht gelaufen ist. Aber was bedeutet das jetzt in der Praxis?

Party statt Lob – die innere Haltung ist entscheidend

Statt dein Pferd zu loben, wenn etwas gut klappt (und dich damit automatisch über dein Pferd zu stellen), kannst du dich einfach ehrlich freuen und dein Pferd einladen, den Erfolg mit dir zu feiern. Und zu einer fetten Party gehören bei mir übrigens auch immer Snacks aka Leckerlis.

Ich möchte dir den Hintergrund anhand eines Beispiels erläutern: Stell dir vor, du hast mit deiner Stallkollegin die neue Heulieferung ins Lager geschleppt. Würdest du dann sagen “Hey, das hast du richtig gut gemacht!”? Wahrscheinlich eher nicht. Viel eher würdet ihr doch einschlagen und mit einer Apfelschorle den Sonnenuntergang genießen, oder?

Ich hoffe, ich konnte dich mit diesem Blogartikel dazu inspirieren, deine Sprache im Bezug auf dein Pferd in den nächsten Tagen mal genauer zu beobachten. Wenn du dabei feststellst, dass du gar nicht weißt, wo du anfangen sollst, dann findest du hier alle Infos zu meiner 1:1 Begleitung.

Hi, ich bin Lia!

Coach für ein unbeschwertes und selbstbestimmtes Leben mit Pferd

Schon während meines Studiums habe ich eine einjährige Ausbildung zur zertifizirten Mediatorin und Coach gemacht.
Seit ich mich erinnern kann, sind Pferde Teil meines Lebens. Mit der Selbstständigkeit habe ich mir einen Traum erfüllt und sie endlich auch zum Teil meines Berufs gemacht.

Meine Mission ist es, pferdeverbundene Menschen bei ihren kleinen und großen Veränderungsprozessen zu begleiten. Das ist mein Weg, die Welt zu einem friedlicheren Ort zu machen.

Mich begleiten mein zweijähriger Knabstrupper Hengst Rio und unser Familienpferd Wym. Von beiden habe ich viel über mich gelernt. Zum Beispiel, dass ich meinen ganz eigenen Weg finden muss, denn niemand außer mir kann wissen, was für mich richtig ist.

Deshalb habe ich keine Trainingsmethode, die ich dir beibringen will, kein Dogma, dem du folgen musst, um "Erfolg" zu haben. Ich begleite dich auf deinem ganz persönlichen Weg!

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