10. Februar 2022

GfK mit Pferden – kraftvoll und klar kommunizieren in 4 Schritten

Marshall Rosenberg hat die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation (GfK) zur Verbesserung des zwischenmenschlichen Miteinanders entwickelt. Das Konzept lässt sich aber nicht nur zwischen Menschen, sondern auch zwischen Menschen und Pferden anwenden um kraftvoll und klar zu kommunizieren.

Anders als man als erstes vielleicht denkt, geht es nicht darum ohne physische Gewalt und statt dessen verbal zu kommunizieren. Rosenberg geht mit seinem Konzept noch weiter. Er hat mit den vier Schritten der GfK einen Prozess entwickelt, wie wir gewaltfrei sprechen können. Denn unsere Sprache ist sehr mächtig und durchaus in der Lage psychische Gewalt auszuüben, die uns gar nicht immer bewusst ist. Beispiele für sprachliche Gewalt sind unter Anderem Drohungen und Vorwürfe.

Die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation

Die Gewaltfrie Kommunkation funktioniert auch mit Pferden. Die vier Schritte sind eine kraftvolle Methode, um dein Pferd und dich selbst besser zu verstehen. Außerdem geben Sie dir eine Hilfestellung wie du mit deinem Pferd friedlich kommunizieren kannst.

Schritt 1: Beobachtung

Der erste Schritt ist die Beobachtung. Was nimmst du jetzt, oder in einer wiederkehrenden Herausforderung mit deinem Pferd wahr? Was kannst du sehen? Was hörst du? Was spürst du?

Versuche die Situation aus einer neutralen Perspektive zu beobachten und nicht zu interpretieren oder zu bewerten. “Mein Pferd drängt mich vom Weg ab” ist keine Beobachtung mehr, sondern schon eine Interpretation. Die entsprechende Beobachtung könnte so lauten: “Mein Pferd kommt Stück für Stück seitlich auf mich zu und ich habe nicht mehr ausreichend Platz”.

Schritt 2: Gefühl

Der zweite Schritt ist das Fühlen. Was fühlst du in dieser Situation? Wo fühlst du es in deinem Körper?

Versuche beim Erforschen deiner Gefühle ganz bei dir zu bleiben und nach dem tiefen Gefühl zu suchen, das in dir aufkommt. Bei unserem Beispiel wäre das erste was einem als Gefühl einfällt vielleicht: “Ich fühle mich abgedrängt”. In diesem Satz ist aber gar kein Gefühl, sondern ein geschickt versteckter Vorwurf verpackt. Die Gefühle die ich von mir kenne, wenn ein Pferd seitlich auf mich zukommt und ich kaum noch Platz auf dem Weg habe sind zum einen Angst gleich in den Straßengraben abzurutschen und auch Traurigkeit bzw. Wut auf mich selbst, dass ich nicht früh genug reagiert habe um meinen Raum zu verteidigen.

In meinem Verständnis sind negative Gefühle nichts anderes als Alarmgeber, dass ein Bedürfnis im Mangel ist. Umgekehrt weisen positive Gefühle darauf hin, dass eines oder mehrere Bedürfnisse erfüllt sind.

Schritt 3: Bedürfnis

Im dritten Schritt geht es darum herauszufinden welches Bedürfnis im Mangel ist. Was brauchst du?

Dieser Schritt ist mir zu beginn schwer gefallen, weil mir schlichtweg das Vokabular gefehlt hat. Vielleicht hätte ich auf die Frage nach meinem Bedürfnis vor ein paar Jahren “Ich will, dass mein Pferd mich ernst nimmt.” geantwortet. Fällt dir auf, was an dieser Aussage nicht ganz optimal ist? “Ich will, dass mein Pferd mich ernst nimmt.” ist eine Forderung an mein Pferd, ohne dass ich dem Pferd einen Hinweis gebe, wie es die Forderung erfüllen kann. Aber mein innere Bedürfnis kommuniziere ich mit dem Satz nicht. Als Hilfestellung kannst du dir den Satzanfang “Mein Bedürfnis nach X ist im Mangel” merken. Wenn du dein Bedürfnis einsetzt und der Satz weiterhin Sinn ergibt, kannst du dir relativ sicher sein, dass es sich auch tatsächlich um ein Bedürfnis handelt. Zum Beispiel: “Mein Bedürfnis nach Leichtigkeit und Anerkennung ist beim Spazieren im Mangel”.

Ich kann dir empfehlen am Anfang eine Bedürfnisliste zur Hilfe zu nehmen um dein Bedürfnis zu identifizieren. Im Internet gibt es unzählige Bedürfnislisten mit unterschiedlicher Anzahl von Bedürfnissen. Ich persönlich mag eher kompaktere Listen [1], je nach Situation kann es aber auch hilfreich sein in einer sehr ausführlichen Liste zu stöbern.

Schritt 4: Bitte

Im vierten Schritt geht es darum eine Bitte zu formulieren. Hier haben wir in der Kommunkation mit Pferden den Vorteil, dass wir auch unsere Körpersprache zu Hilfe nehmen können. Wichtig ist, dass dein Pferd frei entscheiden kann ob es der Bitte nachkommt und du damit leben kannst, wenn dein Pferd dir die Bitte aussschlägt. Ansonsten ist es keine Bitte. Das heißt aber nicht, dass du nicht versuchen kannst dein Pferd zu überreden.

Bei einem sehr feinen Pferd und einer guten Verbindung reicht vielleicht sogar schon ein gedachtes “Bitte bleib da drüben”. Bei einem frechen und eher distanzlosen Pferd macht es Sinn die Körpersprache dazuzunehmen und den Handrücken richtung Auge zu führen um das Pferd gedanklich wegzu drücken. Schlägt dir dein Pferd die Bitte aus, hast du zwei Optionen. Entweder du akzeptierst das Nein (was ich dir in vielen Fällen absolut an Herz legen möchte), oder du wirst kreativ. Überleg dir wie du dein Pferd dazu bringen kannst, deiner Bitte nachzukommen. Vielleicht fällt dir sogar ein Weg ein, von dem ihr beide davon profitiert.

Bei einem Spaziergang könnte das zum Beispiel sein, dass du dein Pferd auf deiner anderen Seite laufen lässt wo der Boden angenehmer ist oder, dass du einen kleinen Kreis machst und dein Pferd wieder so auf den Weg zurückführst, dass du genug Raum hast. So erreichst du einen Zustand, der dein Bedürfnis besser erfüllt, obwohl deine Bitte ursprünglich nicht erfüllt wurde.

Beobachtung Mein Pferd drängt mich vom Weg ab.
(Interpretation)
Mein Pferd kommt Stück für Stück seitlich auf mich zu und ich habe nicht mehr ausreichend Platz.
Gefühlsausdruck bzw. GefühlIch fühle mich abgedrängt.
(versteckter Vorwurf)
Ich habe Angst gleich in den Straßengraben abzurutschen.
Ich bin wütend auf mich selbst, dass ich nicht früh genug reagiert habe um meinen Raum zu verteidigen.

BedürfnisIch will, dass mein Pferd mich ernst nimmt.
(abstrakte Forderung)
Mein Bedürfnis nach Leichtigkeit und Anerkennung ist beim Spazieren im Mangel.
BitteBitte bleib da drüben.
(alternativ kreative Lösung suchen)

Mach dir immer bewusst, dass du alleine für die Erfüllung deiner Bedürfnisse verantwortlich bist und du andere lediglich um die Erfüllung deiner Bedürfnisse bitten kannst. Sei dir immer Bewusst, dass eine Forderung Machtverhältnisse verändert und eine friedvolle Kommunikation auf Augenhöhe verhindert.

Die vier Schritte der GfK mit Pferden im Alltag

Du kannst die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg aus unterschiedlichen Perspektiven anwenden. In diesem Beitrag habe ich aufgeschlüsselt wie die vier Schritte aus deiner Perspektive aussehen könnten. Wie du die vier Schritte nutzen kannst um dein Pferd besser zu verstehen, erfährtst du in meinem Workbook. Melde dich beim Pferdeverbunden Newsletter an und erhalte als Dankeschön das Workbook “Dein Pferd verstehen in 4 einfachen Schritten”.

Im Alltag gibt es natürlich auch Situationen, in denen du die Entscheidung nicht ohne Weiteres deinem Pferd überlassen kannst. Aber diese Situationen sind deutlich seltener als du vielleicht denkst und kreative Lösungen oft viel spaßiger.

Chancen der GfK mit Pferden

Rosenbergs Ziele bei der Entiwcklung der Gewaltfreien Kommunikation waren:

  • Auflösung alter Muster von Verteidigung, Rückzug und Angriff;
  • Reduzierung von Widerstand, Abwehr und gewalttätigen Reaktionen;
  • Förderung der Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Einfühlung;
  • Lenkung der Aufmerksamkeit in eine Richtung, in der die Wahrscheinlichkeit steigt, das zu bekommen, wonach wir suchen;
  • Klarheit und Stärkung des Einfühlungsvermögens durch die Unterscheidung von Beobachtung, Gefühl und Bedürfnis.[2]

Das klingt doch genau nach dem, was wir uns für den Umgang mit unseren Pferden Wünschen, oder? Also worauf wartest du noch?

Wenn du dir bei der gewaltfreien Kommunikation mit deinem Pferd Unterstützung wünschst, begleite ich dich gerne auf deinem Weg. Alle Infos zur 1:1 Begleitung findest du hier.

Hi, ich bin Lia!

Coach für ein unbeschwertes und selbstbestimmtes Leben mit Pferd

Schon während meines Studiums habe ich eine einjährige Ausbildung zur zertifizirten Mediatorin und Coach gemacht.
Seit ich mich erinnern kann, sind Pferde Teil meines Lebens. Mit der Selbstständigkeit habe ich mir einen Traum erfüllt und sie endlich auch zum Teil meines Berufs gemacht.

Meine Mission ist es, pferdeverbundene Menschen bei ihren kleinen und großen Veränderungsprozessen zu begleiten. Das ist mein Weg, die Welt zu einem friedlicheren Ort zu machen.

Mich begleiten mein zweijähriger Knabstrupper Hengst Rio und unser Familienpferd Wym. Von beiden habe ich viel über mich gelernt. Zum Beispiel, dass ich meinen ganz eigenen Weg finden muss, denn niemand außer mir kann wissen, was für mich richtig ist.

Deshalb habe ich keine Trainingsmethode, die ich dir beibringen will, kein Dogma, dem du folgen musst, um "Erfolg" zu haben. Ich begleite dich auf deinem ganz persönlichen Weg!

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