“Die anderen denken bestimmt, dass ich total verrückt bin, weil ich heute schon wieder Bodenarbeit mache, statt zu reiten.” Oder “Du musst ihm jetzt mal klar machen, wer der Chef ist, sonst tanzt er dir auf der Nase rum!” Kommen dir solche Sätze bekannt vor?
Solche dysfunktionalen Gedanken können ganz schön belastend sein. Leider sind sie für einen selbst manchmal schwer zu entlarven. Deshalb möchte ich mit dir teilen, was mir geholfen hat, dysfunktionale Gedanken zu erkennen und loszulassen.
Was sind eigentlich dysfunktionale Gedanken?
Das erste Mal habe ich von dysfunktionalen Gedanken in dem Buch “Mindfuck – Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können”. von Petra Bock gehört. Sie nennt dysfunktionale Gedanken schlichtweg “Mindfucks” und beschreibt sie als Vorgänge der Selbstsabotage. Gedanken, die uns davon abhalten, mit gutem Gefühl das zu tun, was wir wirklich wollen.
Wie kann ich dysfunktionale im Umgang mit dem Pferd Gedanken erkennen?
Trotz, Jammern und ständiges “ja, aber …” sind ziemlich zuverlässige Anzeichen für dysfunktionale Gedanken. Diese Verhaltensmuster sind typisch dafür, wenn wir uns der Verantwortung unseres Handelns entziehen und eine einfache Ausrede finden wollen, den herausfordernden Weg zu unserem Ziel doch nicht gehen zu müssen. Wenn du dich dabei beobachtest lohnt es sich, den dahinterliegenden Gedanken mal genauer zu beleuchten.
Was mir außerdem sehr geholfen hat, dysfunktionale Gedanken bei mir selbst und anderen zu erkennen, ist die Kategorisierung. Petra Bock benennt in ihrem Buch sieben Arten von Mindfucks, die sie bei ihrer Arbeit mit Coachees beobachten konnte.
1. Katastrophen-Mindfuck
Der feste Glaube daran, dass etwas ganz Schlimmes passieren wird. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Wenn ich vom Pferd falle, werde ich mir alle Knochen brechen.”
- “Wenn mein Pferd einmal falsch gefüttert wird, wird es direkt eine Kolik bekommen.”
- “Wenn du dein Pferd nicht konsequent erziehst, wird es lebensgefährlich.”
Der Katastrophen-Mindfuck ist tückisch, weil man die Katastrophe nie zu 100% ausschließen kann. Aber es geht um den eigenen Umgang mit dem potenziellen Risiko und auch darum, ob die Gefahr wirklich so groß ist, wie sie scheint.
2. Bewertungs-Mindfuck
Das Messen an einem fixen Ideal, um sich dadurch selber auf- oder abzuwerten. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Ich werde nie so gut reiten können wie Sophie.”
- “Als Freizeitreiterin kann ich mit den Sportreitern nicht mithalten.”
- “Ich bin eine schlechte Pferdebesitzerin, weil mein Pferd immer noch Probleme mit dem Schmied hat, obwohl ich alles Mögliche ausprobiert habe.”
- “Ich bin doch total bescheuert, dass ich Angst vor meinem eigenen Pferd habe.”
3. Selbstverleugnungs-Mindfuck
Die Interessen der anderen und auch der Pferde über unsere eigenen stellen und uns dadurch selbst verraten. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Ich bin einfach keine Führungsperson. Kein Wunder, dass mein Pferd mir nicht folgt.”
- “Ich bin einfach keine gute Reiterin, ich gebe mein Pferd lieber in Beritt.”
- “Die werden schon wissen, was sie tun. Ich habe doch keine Ahnung.”
- “Ich muss mich alleine um die Pferde kümmern, egal wie erschöpft ich bin.”
Der Grat zwischen Verantwortung und Selbstverleugnung ist schmal. Die eigene Verantwortung gegenüber dem Pferd und den Mitmenschen zu ignorieren ist sicher keine Lösung. Frage dich, ob du dich mit der aktuellen Situation wohlfühlst. Mach dir außerdem bewusst, dass du es in der Hand hast, wie du dein Leben gestaltest. Es gibt kein richtig oder falsch, solange dabei keiner zu Schaden kommt. Dazu gehörst auch DU!
4. Druckmacher-Mindfuck
Sich selbst unter Druck setzen, bestimmte Aufgaben zu schaffen, ohne dass tatsächlich eine Notwendigkeit besteht. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Ich muss meinem Pferd spanischen Schritt beibringen, die anderen können das schon alle.”
- “Ich muss mit meinem Pferd alleine ausreiten können, obwohl ich mich damit nicht wohlfühle.”
- “Ich muss mein Pferd reiten, obwohl ich Angst habe.”
Wenn wir uns selber Druck machen, sind es oft gar nicht unsere eigenen Sätze, die wir da denken, sondern Sätze, die wir von anderen übernommen haben. Klassischerweise von unseren Eltern oder anderen Autoritätspersonen wie zum Beispiel dem Reitlehrer.
5. Misstrauens-Mindfuck
An den Tag legen von übertriebenem Misstrauen oder der Glaube an Verschwörungstheorien. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Mein Pferd hat mich einmal abgeworfen, das wird er wieder tun.”
- “Der verarscht mich bestimmt nur und hat gar nicht wirklich Angst.”
- “Was tuscheln die da drüben schon wieder? Die lästern bestimmt über mich.”
Wenn unser Vertrauen in der Vergangenheit häufig enttäuscht wurde, neigen wir oft zu Misstrauen. Dieses Misstrauen ist aber gar nicht immer angemessen und hält und davon ab, eine ehrliche und vertraute Beziehung mit unserem Pferd und unseren Mitmenschen einzugehen.
6. Regel-Mindfuck
Das Auferlegen von Regeln, die nirgendwo geschrieben stehen. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Wenn man ein Pferd hat, muss man es auch reiten.”
- “Ein Pferd muss gehorchen.”
- “Ein Pferd muss jeden Tag geritten werden.”
- “Es gibt nur eine richtige Reitweise.”
Regeln sind nicht grundsätzlich etwas Schlechtes. Sie strukturieren unsere Gesellschaft und nehmen uns im Alltag viele Entscheidungen ab. Es gibt aber auch Regeln, die uns nur einschränken und dabei keinen Nutzen haben. Diese können uns im Weg stehen, wenn wir uns entfalten wollen.
7. Übermotivations-Mindfuck
Ein Zwang zum Positiven, Selbstüberschätzung und die Überzeugung, das Leben sei ganz und gar kontrollierbar, wenn man nur richtig denken und alles richtig machen würde. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Wenn ich noch mehr trainiere, werde ich das kommende Turnier auf jeden Fall gewinnen.”
- “Der neue Trainer wird all unsere Probleme lösen.”
Positives Denken ist wichtig, wenn es darum geht, Ziele zu erreichen und schwierige Phasen zu überwinden. Wichtig dabei ist aber auch, die Situation realistisch einzuschätzen und aufkommenden negativen Gefühlen Raum zu geben. Schönreden und übermäßiger Optimismus gehen langfristig oft zulasten des Pferdes oder der eigenen Gesundheit.
Bonus: Mindreading-Mindfuck
Der Mindreading-Mindfuck ist nicht Teil der Kategorisierung nach Petra Bock. Er ist mir vor einiger Zeit in einem Workshop begegnet und hat mich zu diesem Artikel inspiriert. Mindreading beschreibt die Gedanken, die wir denken wenn wir meinen, wir könnten die Gedanken der anderen lesen. Beispiele aus dem Pferdealltag sind:
- “Die denken bestimmt, dass ich verrückt bin, dass ich schon wieder nur Bodenarbeit mache.”
- “Die denken bestimmt, dass ich nicht reiten kann.”
- “Die denken bestimmt, dass ich es nie schaffen werde, mein Pferd in den Hänger zu führen.”
Die meisten von uns können keine Gedanken lesen, auch wenn wir manchmal das Gefühl haben zu wissen, was die anderen denken. In den meisten Fällen kann es uns egal sein und es besteht keine Gefahr, die Meinung der anderen auszublenden.
Wie kann ich dysfunktionale Gedanken im Umgang mit dem Pferd loslassen?
Wenn du bis hierhin gelesen hast, hast du dafür schon die perfekte Grundlage gelegt. Denn der erste Schritt ist, den Mindfuck zu erkennen, und wenn wir eine Kategorie für etwas haben, nehmen wir es bewusster wahr. Deshalb präge dir die verschiedenen Arten von Mindfucks ein und schreibe deine typischen Mindfucks auf.
- Erkennen
- Hinterfragen
- Überschreiben
- Fokus verändern
Wenn sich in Zukunft ein Mindfuck in deinen Gedanken formuliert und du ihn als solchen erkennst, schau ihn dir an. Ist er wirklich war? Hilft er mir in der aktuellen Situation? Wenn du diese Fragen mit Nein beantwortest, entscheide dich bewusst dazu, diesen Gedanken nicht mehr für voll zu nehmen. Überlege dir stattdessen einen neuen Gedanken, der dich motiviert und dir Kraft gibt. Oder einen, der dich daran erinnert, deinen Träumen zu folgen und den Mindfuck nicht zu sehr an dich ranzulassen.
Der alte Gedanke wird wahrscheinlich noch eine Weile in deinem Kopf rumgeistern, aber wenn du ihm keine Aufmerksamkeit mehr schenkst, wird er irgendwann verfliegen. Fokussiere dich auf deinen neuen Gedanken. Neugier und Offenheit für das, was vor dir liegt sind deine stärksten Waffen gegen dysfunktionale Gedanken.
Steckst du gerade in einer Situation, wo du nicht weiterkommst und wünschst dir Unterstützung, deine dysfunktionalen Gedanken zu überwinden? Hier kommst du zu meinem Coaching-Angebot.
Quelle: Bock, Petra. “Mindfuck.” Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können. München: Knaur (2011).